Knappes Budget, hohe Erwartungen (Teil 2): Wie sieht eine gute L&D-Strategie aus?

17. April 2024 5 Minuten Lesezeit E-LearningWissenswertes

Julia Kammermeier
Learning Consultant

Was Sie aus diesem Artikel mitnehmen

  • Die Bedeutung der Einbindung aller Stakeholder in die Entwicklung der L&D-Strategie
  • Die Notwendigkeit, L&D-Massnahmen an Unternehmenszielen auszurichten und innerhalb des Budgetrahmens zu planen
  • Die Wichtigkeit der Auswahl passender Lernformate und der Schaffung einer Lernkultur, die Lernen als Teil der täglichen Arbeit fördert

Im ersten Teil unserer Blogreihe haben wir bereits hervorgehoben, wie wichtig L&D für den Unternehmenserfolg ist und dass ein Team, das sich kontinuierlich weiterbildet und sich flexibel anpasst, nicht nur von Vorteil, sondern unerlässlich ist. Eine gut durchdachte L&D-Strategie kann dazu beitragen, ein solches Team zu fördern. Aber wie lässt sich das mit einem begrenzten Zeit- und Budgetrahmen bewerkstelligen? Im zweiten Beitrag unserer Serie zeigen wir Ihnen nun Schritt für Schritt, wie Sie eine pragmatische, kosteneffiziente und zeitgemässe L&D-Strategie entwickeln, die nicht nur mit Ihren Unternehmenszielen übereinstimmt, sondern auch Ihre Mitarbeitenden begeistert.

Stakeholder einbeziehen

Um den Erfolg Ihrer L&D-Strategie zu gewährleisten, ist es entscheidend, ein breites Spektrum an Schlüsselakteuren von Anfang an in den Prozess einzubinden. Neben der Geschäftsführung, die nicht nur Budgets genehmigt, sondern auch strategische Weichenstellungen vornimmt, und den Führungskräften, die tiefe Einblicke in die Lernbedürfnisse ihres Teams haben und zur aktiven Teilnahme motivieren können, spielen auch die Mitarbeitenden eine zentrale Rolle, da sie als Zielgruppe der L&D-Initiativen direkt von den Massnahmen profitieren.

Darüber hinaus ist es unerlässlich, den Betriebsrat in die Entwicklung der L&D-Strategie einzubeziehen. Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Belegschaft und kann wertvolle Perspektiven hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Mitarbeiterzufriedenheit einbringen. Die frühzeitige Abstimmung mit dem Betriebsrat kann helfen, Bedenken oder Widerstände auszuräumen und eine breitere Akzeptanz für die geplanten Massnahmen zu erreichen.

Nicht zu vergessen ist die IT-Abteilung, die eine Schlüsselrolle bei der Implementierung von E-Learning-Tools und -Plattformen spielt. Die Integration neuer Technologien in das bestehende IT-Ökosystem kann Herausforderungen mit sich bringen, die ohne die Expertise und Unterstützung der IT-Experten kaum zu bewältigen sind. Zudem können sie wertvolle Einblicke in die Skalierbarkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit der L&D-Technologien bieten.

Indem Sie diese verschiedenen Gruppen in den Erstellungsprozess integrieren – von Diskussionen und Umfragen bis hin zu Anwendungstests – stellen Sie sicher, dass die Strategie umfassend abgestimmt ist und die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden. Zeigen Sie jedem Stakeholder die spezifischen Vorteile auf: den Return on Investment (ROI) von L&D für das Management, die positiven Auswirkungen auf die Teamleistung für die Führungskräfte, die beruflichen Entwicklungschancen für die Mitarbeitenden und die Bedeutung einer transparenten und gerechten Umsetzung für den Betriebsrat. Die Einbindung der IT gewährleistet zudem, dass die technische Umsetzung reibungslos verläuft. Die breite Akzeptanz und Unterstützung Ihrer L&D-Strategie durch all diese Stakeholder wird massgeblich zu ihrem langfristigen Erfolg beitragen.

Unternehmensziele und finanzielle Rahmenbedingungen verstehen

Bei der Entwicklung einer L&D-Strategie geht es zunächst darum, Ihre Unternehmensziele zu verstehen. Das sind die übergeordneten, strategischen Ziele, die Ihr Unternehmen erreichen will? Wollen Sie die Produktivität steigern? Innovation vorantreiben? Die Kundenzufriedenheit verbessern? Sobald Sie diese Ziele ermittelt haben, sollten Sie überlegen, welche Fähigkeiten und Kompetenzen Ihre Mitarbeitenden benötigen, um diese Ziele zu voranzutreiben und wie sie dorthin kommen.

Als nächstes sollten Sie über Ihr Budget nachdenken. Wie viel können Sie realistischerweise für L&D-Initiativen ausgeben, ohne Ihre finanziellen Ressourcen zu überlasten? Gibt es Bereiche, in denen Sie die Kosten optimieren können – beispielsweise, indem sie Lerninhalte in-house erstellen, statt externen Content einzukaufen? Wenn Sie Ihre Budgetbeschränkungen kennen, können Sie eine L&D-Strategie entwickeln, die maximale Wirkung erzielt, ohne das Budget zu sprengen.

Es ist dabei essentiell, den Fokus auf den „Return on Education" (RoE) zu legen – also das Verhältnis von Investitionen in Weiterbildungsmassnahmen zum Nutzen, den sie bringen. Die aktuellen Praktiken zur Messung des Erfolgs von Weiterbildungen sind jedoch unzureichend. Laut der Studie L&D Monitor 2024 von Studytube, messen 22,4% der Unternehmen den Erfolg von Weiterbildungen gar nicht. Bei kleinen Unternehmen sind es sogar ganze 40,3%. Wenn der Erfolg gemessen wird, dann in 3/4 der Fälle in Form von Mitarbeiter-Feedback, welches oft eher positiv ausfällt. Dieses Feedback ist zwar schön, hat aber oft nur wenig mit dem tatsächlichen Trainingserfolg zu tun. Denn diese Kennzahlen können nur etwas über die Attraktivität des Lernangebots aussagen, aber wenig darüber, ob Wissen hängengeblieben ist und das Gelernte angewandt wird und damit wirksam ist. Der Transfererfolg und vor allem der Geschäftserfolg sind die besseren Ebenen zur Bewertung des RoE. Deshalb sollten Unternehmen Massnahmen umsetzen, die in hohem Mass dazu beitragen.

Bewertung von Kompetenz- und Wissenslücken sowie Zeitaufwand

Hier geht es darum, die Lücke zwischen den Kompetenzen, über die Ihre Mitarbeitenden derzeit verfügen, und den Kompetenzen, die sie benötigen, um ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen, zu verstehen. Nutzen Sie Instrumente wie Umfragen, Leistungsbeurteilungen, direktes Feedback der Mitarbeitenden und KI-gestützte Tools, um diese Lücken zu ermitteln.

Ein weiterer kritischer Faktor ist die Zeit. Überlegen Sie, wie viel Lernzeit realistisch ist. Beachten Sie dabei, dass Lernzeit auch Arbeitszeit ist. Mitarbeitende sollten nicht Überstunden oder ihre Freizeit dafür nutzen müssen. E-Learnings oder asynchrone Weiterbildungsangebote sind sehr gut geeignet, um den Mitarbeitenden eine flexible Zeiteinteilung für das Lernen, je nach eigener Arbeitsauslastung, zu gewähren.

Auswahl der richtigen Lernformate

Die Auswahl der passenden Lernformate ist ein kritischer Schritt in der Gestaltung effektiver L&D-Strategien. Am Anfang jedes E-Learning-Projektes steht eine zentrale Frage: Woher kommt der Content? Die Entwicklung einer Content-Strategie zielt darauf ab, diese Frage zu beantworten und eine Entscheidung zwischen der Eigenproduktion von Lerninhalten und dem Erwerb externer Ressourcen zu treffen. Dabei ist es wichtig, die Beschaffungs- und Produktionsprozesse zu definieren, passende Tools auszuwählen und zu entscheiden, wann man sich für welche der drei Hauptoptionen entscheidet: In-house-Produktion, Kauf von Standard-Content oder Erwerb von individuellem Content von externen Dienstleistern.

Die Entscheidung für den richtigen Ansatz hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen die Passgenauigkeit von Standard-Content zur Unternehmenskultur, die vorhandenen internen Ressourcen, Kompetenzen und Kapazitäten, der Zeit- und Budgetdruck, unter dem das Projekt steht, sowie die Verfügbarkeit von geeignetem Content auf dem Markt. Unser Entscheidungsbaum greift diese und weitere wichtige Fragen auf und unterstützt Sie dabei, eine fundierte Make-or-Buy-Entscheidung zu treffen.

Für die In-house-Produktion ist es entscheidend, klar definierte Prozesse und die richtigen Tools für die Content-Erstellung zu haben. Ein kompetentes Projektteam mit ausreichend Zeitressourcen ist ebenso wichtig wie die Bereitstellung einfacher Tools für Fachexperten, um User-generated Content zu ermöglichen und so eine effiziente und nachhaltige E-Learning-Produktion zu gewährleisten.

Der zweite wichtige Baustein ist das didaktische Konzept. Für den langfristigen Lernerfolg ist eine didaktisch sinnvolle Auswahl von Lernformaten unerlässlich. Unsere Lernformat-Steckbriefe bieten eine Gegenüberstellung der verschiedenen Formate, einschliesslich ihrer Vor- und Nachteile sowie ihrer Einsatzzwecke, und unterstützen Sie bei der Auswahl der geeigneten Formate. Das Modell des Wissenserwerbs, welches von der Akzeptanzschaffung über die Wissensakquisition und -anwendung bis hin zum Wissenstransfer reicht, kann dabei helfen, die Lernformate entsprechend den verschiedenen Phasen des Lernprozesses auszurichten.

Diese Überlegungen bilden die Grundlage für eine Themen-Modul-Matrix, die als Schema dient, um didaktisch sinnvolle Lernformate zu identifizieren und auszuwählen. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit didaktischen Konzepten und wie Lerninhalte in effektive Trainings umgewandelt werden können, finden Sie weiterführende Informationen in unserem Blogbeitrag zum Thema E-Learning-Didaktik.

Eine nachhaltige Lernkultur schaffen

Eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der Lernen einen hohen Stellenwert hat, ist mehr als nur die Bereitstellung von Trainings. Es geht darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem kontinuierliches Lernen als integraler Bestandteil der Arbeit angesehen wird und nicht als etwas, das in die Freizeit gequetscht werden muss. Wie oben schon erwähnt, kann dies durch das Angebot flexibler Lernmöglichkeiten erleichtert werden, die in den normalen Arbeitsalltag integriert werden können. Denkbar wären beispielsweise kurze Web-based Trainings (WBTs) oder Micro Learnings, die jederzeit während des Arbeitstages und auch von unterwegs abgerufen werden können. Dadurch wird nicht nur ein kontinuierliches Lernen gewährleistet, sondern auch die Botschaft vermittelt, dass Lernen und Arbeiten keine getrennten Einheiten sind, sondern beide wichtige Bestandteile des Arbeitslebens eines Mitarbeitenden darstellen.

Evaluierung und Optimierung

Es ist wichtig, dass Sie Ihre L&D-Strategie regelmässig überprüfen. Es ist aber auch wichtig, dies auf eine Weise zu tun, die nicht zu viel Zeit und Ressourcen in Anspruch nimmt. Anstelle umfangreicher Evaluierungen nach jedem Kurs sollten Sie regelmässige kurze Feedback-Sitzungen oder Online-Umfragen in Erwägung ziehen. Kontinuierliches Feedback ermöglicht es Ihnen, Probleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen und so Ihre L&D-Strategie ohne grossen Aufwand effektiver zu gestalten.

Fazit

Eine ausgeklügelte L&D-Strategie ist ein entscheidender Faktor für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens, speziell wenn Ressourcen begrenzt sind. Es geht darum, klug zu investieren und Lernprozesse so zu gestalten, dass sie sowohl die Unternehmensziele unterstützen als auch die Mitarbeiter motivieren und weiterbringen. Die Herausforderung liegt darin, eine Lernkultur zu etablieren, die nahtlos in den Arbeitsalltag integriert ist und gleichzeitig den Spagat zwischen Kosteneffizienz und Effektivität meistert. Die Einbindung aller Stakeholder und die kontinuierliche Überprüfung der Massnahmen sind dabei kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um die L&D-Strategie lebendig und relevant zu halten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der geschickten Balance zwischen den Bedürfnissen der Mitarbeiter und den Zielen des Unternehmens – und in der Bereitschaft, sich ständig anzupassen und zu verbessern.

Insgesamt gilt: Setzen Sie bei einer L&D-Strategie auf Qualität statt Quantität. Konzentrieren Sie sich auf wenige, aber dafür die richtigen Massnahmen – und richten Sie Ihre L&D-Strategie vor allem auf die Unternehmensziele aus.

Im dritten und letzten Teil dieser Blogreihe schauen wir uns ein Thema näher an, dass die Herausforderung „Ressourcenmangel in L&D“ lindern, wenn nicht sogar lösen kann: User-generated Content im Allgemeinen und Lerninhalte mit KI-Unterstützung erstellen im Besonderen.

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