E-Learning Didaktik: Tipps zur Konzeption digitaler Trainings

23. März 2021 8 Minuten Lesezeit E-LearningTipps & Tricks

Katharina Passmann
Konzepterin

Was Sie aus diesem Artikel mitnehmen

  • Was Didaktik im E-Learning bedeutet
  • Wie Sie ein didaktisch sinnvolles Grob- und Feinkonzept erstellen
  • Wie Sie didaktisch wertvolle Lerninhalte erstellen

E-Learning Didaktik: Was versteht man darunter?

Ganz allgemein gesprochen bedeutet Didaktik „die Wissenschaft des Lehrens und Lernens in Theorie und Praxis“. Das klingt erst einmal etwas vage und umfasst viele Themenfelder. In diesem Artikel fokussieren wir uns auf die Konzeption bzw. Erstellung von digitalen Lerninhalten und geben Ihnen praxisnahe Tipps, wie Sie didaktisch wertvolle Lerninhalte erstellen.

Planung: Das A und O

Bevor es an die Erstellung von Inhalten geht, sollte das E-Learning Projekt gut geplant werden. Nur ein professionelles Projektmanagement wird zum Erfolg führen. Im ersten Schritt sollten alle Projekt-Beteiligten an Bord geholt und das Projektteam gebildet werden. Dazu zählen unter anderem L&D bzw. HR, Fachexperten/-expertinnen, die Projektleitung, Trainingsautoren/-autorinnen und auch die IT. Was sind die übergeordneten Ziele des E-Learning Projekts und was ist der konkrete Bildungsbedarf? Wie lautet die Lernstrategie? Wie werden die Lerninhalte zur Verfügung gestellt? Erst wenn dieses Gerüst steht, geht’s an die Konzeption.

Didaktische Konzeption von E-Learning Inhalten

Als Basis für ein didaktisch sinnvolles E-Learning Konzept orientieren wir uns am „Modell des Wissenserwerbs“. Dieses gibt wieder, wie der Mensch lernt.

Nach dem Modell des Wissenserwerbs lässt sich das Lernen in vier Phasen unterteilen: Die Akzeptanzschaffung, die Wissensakquisition, die Anwendung/Reflexion und der Wissenstransfer. Nun geht es darum, passende Lernformate gezielt einzusetzen. Für jede dieser Phasen eignen sich bestimmte Trainingsmethoden besonders. So kann ein Blended Learning Szenario beispielsweise mit einem Erklärfilm als Teaser erst einmal Akzeptanz für das Thema schaffen. Anhand von didaktisch sinnvollen Kombinationen aus Learning Nuggets lässt sich daraufhin gezielt Wissen aufbauen. Dieses Wissen kann dann durch Interaktionen oder eine Quiz App angewandt und vertieft werden. Und für den Wissenstransfer bieten sich beispielsweise Recap-Formate oder On-the-Job-Tutorials an.

Als zweite Dimension neben den Phasen betrachten wir die Trainingsinhalte. Diese lassen sich in sechs verschiedene Typen einteilen: Regulatorisches, Prozess/Software, Fachliches, Produkt, Skill/Verhalten, Change/Transformation. Wir haben eine Themen-/Modul-Matrix entwickelt, in der wir die Lernphasen aus dem Modell des Wissenserwerbs diesen sechs Trainingstypen gegenüberstellen. Abhängig von den Trainingsinhalten und den Lernzielen ergeben sich verschiedene Bereiche in der Matrix, für die wir Handlungsempfehlungen bzgl. geeigneter Trainingsmethoden ableiten.

Das Grobkonzept: Das Herzstück des Trainings

Bei der Konzeption von digitalen Lerneinheiten wird erst ein Grobkonzept und daraufhin ein Feinkonzept entwickelt. Das Grobkonzept besteht aus der Zielgruppe, den Lernzielen und dem Strukturbaum, also dem Aufbau des Trainings.

Zielgruppe

Die Lernenden gut zu analysieren und zu definieren ist neben den Lernzielen die wichtigste Voraussetzung für eine didaktisch wertvolle Lernmassnahme. Für die Entwicklung von Lerninhalten ist es besonders wichtig, die Perspektive der Zielgruppe einzunehmen. Man sollte meinen, dass insbesondere fachlich kompetente Personen am besten erklären können. Doch oft ist genau das Gegenteil der Fall: Expertinnen und Experten stecken oft im sogenannten „Fluch des Wissens“ fest. Für eine gut informierte Person ist es sehr schwierig, sich in die Rolle dessen hineinzuversetzen, der nicht über den gleichen Kenntnisstand verfügt. Dadurch erklären Experten/Expertinnen häufig auf einem Niveau, das für den Laien nicht nachvollziehbar ist – und merken es nicht einmal. Insofern ist der erste Schritt hin zum einfachen Erklären, sich bewusst zu machen, dass der eigene Wissensstand in vielen Fällen nicht dem des Gegenübers entspricht.

Lernziele

Im zweiten Schritt des Grobkonzepts folgt die Festlegung der Lernziele. Eine praxisnahe Methode, Lernziele zu entwickeln und zu strukturieren ist die Einteilung in Richt-, Grob- und Feinlernziele. Richtlernziele beschreiben das übergeordnete Trainingsziel und unterteilen sich dann in Grob- und Feinlernziele. Groblernziele geben bereits Fertigkeiten und Kenntnisse an, die vermittelt werden sollen. Für jedes Groblernziel werden im nächsten Schritt Feinlernziele entwickelt, die als Kompetenzen und Tätigkeiten formuliert werden und messbar sein müssen. Denn am Ende soll Corporate Learning belastbare Ergebnisse liefern.

Ein Beispiel:

  • Richtlernziel: Ich will mich im Bereich E-Learning weiterbilden.
  • Groblernziel: Ich will ein tieferes Verständnis von Storytelling im Bereich E-Learning bekommen.
  • Feinlernziel: Ich will die Storytelling-Tipps beim nächsten E-Learning selbst anwenden können.

Ein Werkzeug, das bei der Formulierung von Lernzielen hilft, ist die Lernziel-Taxonomie nach Bloom.

Sie ist vor allem hilfreich, um Feinlernziele so konkret zu formulieren, dass sie am Ende auch überprüfbar sind. Dabei werden die Feinlernziele zunächst einer kognitiven Kategorie zugeordnet: erinnern, verstehen, anwenden, analysieren, evaluieren oder erschaffen. Je nach Kategorie helfen dann bestimmte Verben, passende Feinlernziele zu formulieren. Die erste Stufe der Taxonomie lautet „Erinnern“. Ein passendes Lernziel dazu könnte lauten: „Die Lernenden können alle vier Kriterien für ein sicheres Passwort aufzählen“.

In der Praxis empfiehlt es sich, zur Orientierung eine einfache Lernzielmatrix aufzubauen. Diese kann beispielsweise folgendermassen aussehen:

Die ausgefüllte Matrix zeigt am Ende messbare Lernziele passend zu den Taxonomiestufen und liefert Ideen für deren Überprüfung in Form von Interaktionen.

Strukturbaum

Wenn die Lernziele stehen, werden sie im nächsten Schritt mit Hilfe des Strukturbaums in Form gebracht. Der Strukturbaum bildet so knapp wie möglich das Grundgerüst des Trainingskonzepts ab und ist sehr hilfreich zur Abstimmung mit dem Projektteam. Ein bewährtes Vorgehen ist, aus den Groblernzielen einzelne Kapitel zu machen – so hat man einen klaren inhaltlichen Fokus. Die Feinlernziele können innerhalb der Kapitel zur Lernerfolgskontrolle genutzt werden, also in Form von Interaktionen überprüft werden.

Das Grobkonzept ist einerseits ein hilfreiches Werkzeug, um allen Stakeholdern des E-Learning Projekts ein einheitliches Bild des Trainingskonzepts zu vermitteln. Gleichzeitig ist es auch eine wichtige Grundlage für ein didaktisch sinnvoll aufgebautes Training.

Das Feinkonzept

Nach Abstimmung des Grobkonzepts folgt das Feinkonzept. Darin werden alle Inhalte gesammelt und festgehalten, welche Interaktionsmöglichkeiten es gibt. Texte werden in diesem Schritt ausformuliert und es werden Bilder, Illustrationen, Foliendesigns etc. erstellt – daraus entsteht das Storyboard (oder auch Drehbuch).

So viel zur Pflicht, jetzt folgt die Kür: Wie verpackt man Lerninhalte didaktisch sinnvoll und sorgt so für einen nachhaltigen Lernerfolg?

Tipps zur Erstellung didaktisch wertvoller Lerninhalte

1. Die Zielgruppe kennen und richtig adressieren

Wie bereits erwähnt wurde, ist es essenziell die Zielgruppe gut zu kennen und genauestens zu analysieren. Insbesondere der Vorwissensstand spielt hierbei eine wichtige Rolle. Das Warum-Wie-Diagramm dient als Hilfestellung, um die Zielgruppe einzusortieren. Je weniger Vorwissen in der Zielgruppe vorhanden ist, desto mehr Zeit sollte dem „Warum?“ gewidmet werden. Die Lernenden müssen erst einmal verstehen, WARUM sie etwas Bestimmtes lernen sollten, also welchen Mehrwert das für sie hat. Erst wenn die Zielgruppe Experten/Expertinnen umfasst, sollte man sich mehr dem „Wie“ widmen.

2. Komplexität reduzieren

Das nächste Stichwort lautet „Kernbotschaften“. Das Warum-Wie-Diagramm hilft auch dabei, herauszufinden, was die wesentlichen Botschaften für die Zielgruppe sind und die Inhalte auf das Relevante zu verdichten. Denn weniger ist oftmals mehr.

3. Tipps für verständliche Sprache

„Keep it simple stupid“ – das gilt vor allem für die Sprache, denn die ist eines der wichtigsten Instrumente, um Verständlichkeit zu erzeugen. Folgende Tipps helfen dabei, verständliche Lerninhalte zu formulieren:

  • Aktiv-Formulierungen: Diese sind – wie der Name schon sagt – aktivierender und es wird klar, wer agiert.
  • Verben statt Substantive: Verben aktivieren das Gehirn umfassender („Tunwort“).
  • Kurze, wenig verschachtelte Sätze – das Gehirn muss, um den Sinn zu verstehen, den Satzanfang bis zum Satzende präsent halten.
  • Adjektive streichen – das sorgt für mehr Verständlichkeit und selten geht dabei Inhalt verloren.
  • Fachsprache vermeiden, insbesondere bei Laien-Zielgruppen.
  • Negativ-Formulierungen vermeiden: Also statt „es ist nicht schwierig“ besser „es ist einfach“. Das Gehirn denkt ansonsten automatisch an „schwierig“.

4. Storytelling

Storytelling ist ein hilfreiches Mittel, um Lerninhalte so zu verpacken, dass die Lernenden sie auch wirklich aufnehmen und nachhaltig in Erinnerung behalten. Fakten sind zwar ebenso wichtig, um den Inhalten Substanz zu verleihen, aber erst eine Geschichte macht Fakten greifbar. Und: Geschichten bleiben im Kopf. Es gibt diverse Studien, die zum immer gleichen Ergebnis kommen, wie zum Beispiel diesem: Kommuniziert man nackte Fakten, erinnern sich nach 10 Minuten noch 5% der Menschen an konkrete Inhalte. Werden diese Fakten in eine Geschichte verpackt, sind es 75% – also 15 Mal mehr. Konkrete Tipps zum Einsatz von Storytelling finden Sie in diesem Artikel: Storytelling-Tipps

5. Visualisierung

Unser Gehirn ist seit jeher darauf programmiert, mit Bildern zu lernen. Im Unterschied zu Sprache verarbeiten wir Bilder weitgehend automatisch – das spart Zeit und Energie. Ausserdem wirken Bilder ohne Umwege: Sie sprechen direkt die visuellen Zentren unseres Gehirns an und müssen nicht entschlüsselt werden wie Texte. Und zu guter Letzt merken wir uns Inhalte besser, wenn sie visuell gestützt werden. Folgende Tipps helfen dabei, digitale Trainings didaktisch sinnvoll zu visualisieren:

  • Bilder und Illustrationen nutzen: Sie können Text teilweise überflüssig machen, gerade wenn es darum geht, Vorgänge oder Zusammenhänge klar zu machen.
  • Schrift: Es sollten so wenig Schriften, Schriftgrössen und Schriftschnitte wie möglich eingesetzt werden. Texte sollten wenn möglich linksbündig ausgerichtet werden, da es das Lesen erleichtert.
  • Inhalte mit Infografiken visuell unterstützen: In den Infografiken sollten die wichtigsten Inhalte gross und plakativ dargestellt werden. Im Idealfall ist eine Infografik eine kleine Geschichte, zum Beispiel mit Hilfe einer Person, die durch die Grafik führt. Mehr Tipps zu Infografiken
  • Zur Visualisierung von Zahlen, Grössenverhältnissen, Strukturen, Entwicklungen und Beziehungen eignen sich Diagramme.
  • Interaktionen: Diese sollten eine klare Handlungsanweisung enthalten, die den Lernenden sagt, was sie machen müssen. Insbesondere kleine animierte Anweisungen eignen sich gut, da sie Text sparen und das schnelle Verständnis unterstützen.
  • Farbe und Grösse von Elementen: Diese können genutzt werden, um Lernende gezielt zu führen. Es ist zum Beispiel hilfreich, Buttons farblich hervorzuheben, die geklickt werden sollen.
  • Und zu guter Letzt noch: Das „Gesetz der Einfachheit“: Lernoberflächen sollten möglichst einfach gestaltet sein, um den kognitiven Aufwand gering zu halten – so können sich Lernende voll und ganz auf den eigentlichen Inhalt konzentrieren.

Video-Serie: Kleine Bissen Wissen

Diese Werkzeuge geben einen Überblick, worauf es bei der Erstellung didaktisch wertvoller Trainings ankommt. Noch mehr praxisnahe Tipps und Tools finden Sie in unserer Video-Serie „Kleine Bissen Wissen“. Dort finden Sie auch kompakte Handouts zu jedem Thema.

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Ulrike Meissner, Account Managerin

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