23. März 2021 8 Minuten Lesezeit E-LearningTipps & Tricks
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Ganz allgemein gesprochen bedeutet Didaktik „die Wissenschaft des Lehrens und Lernens in Theorie und Praxis“. Das klingt erst einmal etwas vage und umfasst viele Themenfelder. In diesem Artikel fokussieren wir uns auf die Konzeption bzw. Erstellung von digitalen Lerninhalten und geben Ihnen praxisnahe Tipps, wie Sie didaktisch wertvolle Lerninhalte erstellen.
Planung: Das A und O
Bevor es an die Erstellung von Inhalten geht, sollte das E-Learning Projekt gut geplant werden. Nur ein professionelles Projektmanagement wird zum Erfolg führen. Im ersten Schritt sollten alle Projekt-Beteiligten an Bord geholt und das Projektteam gebildet werden. Dazu zählen unter anderem L&D bzw. HR, Fachexperten/-expertinnen, die Projektleitung, Trainingsautoren/-autorinnen und auch die IT. Was sind die übergeordneten Ziele des E-Learning Projekts und was ist der konkrete Bildungsbedarf? Wie lautet die Lernstrategie? Wie werden die Lerninhalte zur Verfügung gestellt? Erst wenn dieses Gerüst steht, geht’s an die Konzeption.
Als Basis für ein didaktisch sinnvolles E-Learning Konzept orientieren wir uns am „Modell des Wissenserwerbs“. Dieses gibt wieder, wie der Mensch lernt.
Nach dem Modell des Wissenserwerbs lässt sich das Lernen in vier Phasen unterteilen: Die Akzeptanzschaffung, die Wissensakquisition, die Anwendung/Reflexion und der Wissenstransfer. Nun geht es darum, passende Lernformate gezielt einzusetzen. Für jede dieser Phasen eignen sich bestimmte Trainingsmethoden besonders. So kann ein Blended Learning Szenario beispielsweise mit einem Erklärfilm als Teaser erst einmal Akzeptanz für das Thema schaffen. Anhand von didaktisch sinnvollen Kombinationen aus Learning Nuggets lässt sich daraufhin gezielt Wissen aufbauen. Dieses Wissen kann dann durch Interaktionen oder eine Quiz App angewandt und vertieft werden. Und für den Wissenstransfer bieten sich beispielsweise Recap-Formate oder On-the-Job-Tutorials an.
Als zweite Dimension neben den Phasen betrachten wir die Trainingsinhalte. Diese lassen sich in sechs verschiedene Typen einteilen: Regulatorisches, Prozess/Software, Fachliches, Produkt, Skill/Verhalten, Change/Transformation. Wir haben eine Themen-/Modul-Matrix entwickelt, in der wir die Lernphasen aus dem Modell des Wissenserwerbs diesen sechs Trainingstypen gegenüberstellen. Abhängig von den Trainingsinhalten und den Lernzielen ergeben sich verschiedene Bereiche in der Matrix, für die wir Handlungsempfehlungen bzgl. geeigneter Trainingsmethoden ableiten.
Bei der Konzeption von digitalen Lerneinheiten wird erst ein Grobkonzept und daraufhin ein Feinkonzept entwickelt. Das Grobkonzept besteht aus der Zielgruppe, den Lernzielen und dem Strukturbaum, also dem Aufbau des Trainings.
Die Lernenden gut zu analysieren und zu definieren ist neben den Lernzielen die wichtigste Voraussetzung für eine didaktisch wertvolle Lernmassnahme. Für die Entwicklung von Lerninhalten ist es besonders wichtig, die Perspektive der Zielgruppe einzunehmen. Man sollte meinen, dass insbesondere fachlich kompetente Personen am besten erklären können. Doch oft ist genau das Gegenteil der Fall: Expertinnen und Experten stecken oft im sogenannten „Fluch des Wissens“ fest. Für eine gut informierte Person ist es sehr schwierig, sich in die Rolle dessen hineinzuversetzen, der nicht über den gleichen Kenntnisstand verfügt. Dadurch erklären Experten/Expertinnen häufig auf einem Niveau, das für den Laien nicht nachvollziehbar ist – und merken es nicht einmal. Insofern ist der erste Schritt hin zum einfachen Erklären, sich bewusst zu machen, dass der eigene Wissensstand in vielen Fällen nicht dem des Gegenübers entspricht.
Im zweiten Schritt des Grobkonzepts folgt die Festlegung der Lernziele. Eine praxisnahe Methode, Lernziele zu entwickeln und zu strukturieren ist die Einteilung in Richt-, Grob- und Feinlernziele. Richtlernziele beschreiben das übergeordnete Trainingsziel und unterteilen sich dann in Grob- und Feinlernziele. Groblernziele geben bereits Fertigkeiten und Kenntnisse an, die vermittelt werden sollen. Für jedes Groblernziel werden im nächsten Schritt Feinlernziele entwickelt, die als Kompetenzen und Tätigkeiten formuliert werden und messbar sein müssen. Denn am Ende soll Corporate Learning belastbare Ergebnisse liefern.
Ein Beispiel:
Ein Werkzeug, das bei der Formulierung von Lernzielen hilft, ist die Lernziel-Taxonomie nach Bloom.
Sie ist vor allem hilfreich, um Feinlernziele so konkret zu formulieren, dass sie am Ende auch überprüfbar sind. Dabei werden die Feinlernziele zunächst einer kognitiven Kategorie zugeordnet: erinnern, verstehen, anwenden, analysieren, evaluieren oder erschaffen. Je nach Kategorie helfen dann bestimmte Verben, passende Feinlernziele zu formulieren. Die erste Stufe der Taxonomie lautet „Erinnern“. Ein passendes Lernziel dazu könnte lauten: „Die Lernenden können alle vier Kriterien für ein sicheres Passwort aufzählen“.
In der Praxis empfiehlt es sich, zur Orientierung eine einfache Lernzielmatrix aufzubauen. Diese kann beispielsweise folgendermassen aussehen:
Die ausgefüllte Matrix zeigt am Ende messbare Lernziele passend zu den Taxonomiestufen und liefert Ideen für deren Überprüfung in Form von Interaktionen.
Wenn die Lernziele stehen, werden sie im nächsten Schritt mit Hilfe des Strukturbaums in Form gebracht. Der Strukturbaum bildet so knapp wie möglich das Grundgerüst des Trainingskonzepts ab und ist sehr hilfreich zur Abstimmung mit dem Projektteam. Ein bewährtes Vorgehen ist, aus den Groblernzielen einzelne Kapitel zu machen – so hat man einen klaren inhaltlichen Fokus. Die Feinlernziele können innerhalb der Kapitel zur Lernerfolgskontrolle genutzt werden, also in Form von Interaktionen überprüft werden.
Das Grobkonzept ist einerseits ein hilfreiches Werkzeug, um allen Stakeholdern des E-Learning Projekts ein einheitliches Bild des Trainingskonzepts zu vermitteln. Gleichzeitig ist es auch eine wichtige Grundlage für ein didaktisch sinnvoll aufgebautes Training.
Nach Abstimmung des Grobkonzepts folgt das Feinkonzept. Darin werden alle Inhalte gesammelt und festgehalten, welche Interaktionsmöglichkeiten es gibt. Texte werden in diesem Schritt ausformuliert und es werden Bilder, Illustrationen, Foliendesigns etc. erstellt – daraus entsteht das Storyboard (oder auch Drehbuch).
So viel zur Pflicht, jetzt folgt die Kür: Wie verpackt man Lerninhalte didaktisch sinnvoll und sorgt so für einen nachhaltigen Lernerfolg?
1. Die Zielgruppe kennen und richtig adressieren
Wie bereits erwähnt wurde, ist es essenziell die Zielgruppe gut zu kennen und genauestens zu analysieren. Insbesondere der Vorwissensstand spielt hierbei eine wichtige Rolle. Das Warum-Wie-Diagramm dient als Hilfestellung, um die Zielgruppe einzusortieren. Je weniger Vorwissen in der Zielgruppe vorhanden ist, desto mehr Zeit sollte dem „Warum?“ gewidmet werden. Die Lernenden müssen erst einmal verstehen, WARUM sie etwas Bestimmtes lernen sollten, also welchen Mehrwert das für sie hat. Erst wenn die Zielgruppe Experten/Expertinnen umfasst, sollte man sich mehr dem „Wie“ widmen.
2. Komplexität reduzieren
Das nächste Stichwort lautet „Kernbotschaften“. Das Warum-Wie-Diagramm hilft auch dabei, herauszufinden, was die wesentlichen Botschaften für die Zielgruppe sind und die Inhalte auf das Relevante zu verdichten. Denn weniger ist oftmals mehr.
3. Tipps für verständliche Sprache
„Keep it simple stupid“ – das gilt vor allem für die Sprache, denn die ist eines der wichtigsten Instrumente, um Verständlichkeit zu erzeugen. Folgende Tipps helfen dabei, verständliche Lerninhalte zu formulieren:
Storytelling ist ein hilfreiches Mittel, um Lerninhalte so zu verpacken, dass die Lernenden sie auch wirklich aufnehmen und nachhaltig in Erinnerung behalten. Fakten sind zwar ebenso wichtig, um den Inhalten Substanz zu verleihen, aber erst eine Geschichte macht Fakten greifbar. Und: Geschichten bleiben im Kopf. Es gibt diverse Studien, die zum immer gleichen Ergebnis kommen, wie zum Beispiel diesem: Kommuniziert man nackte Fakten, erinnern sich nach 10 Minuten noch 5% der Menschen an konkrete Inhalte. Werden diese Fakten in eine Geschichte verpackt, sind es 75% – also 15 Mal mehr. Konkrete Tipps zum Einsatz von Storytelling finden Sie in diesem Artikel: Storytelling-Tipps
5. Visualisierung
Unser Gehirn ist seit jeher darauf programmiert, mit Bildern zu lernen. Im Unterschied zu Sprache verarbeiten wir Bilder weitgehend automatisch – das spart Zeit und Energie. Ausserdem wirken Bilder ohne Umwege: Sie sprechen direkt die visuellen Zentren unseres Gehirns an und müssen nicht entschlüsselt werden wie Texte. Und zu guter Letzt merken wir uns Inhalte besser, wenn sie visuell gestützt werden. Folgende Tipps helfen dabei, digitale Trainings didaktisch sinnvoll zu visualisieren:
Video-Serie: Kleine Bissen Wissen
Diese Werkzeuge geben einen Überblick, worauf es bei der Erstellung didaktisch wertvoller Trainings ankommt. Noch mehr praxisnahe Tipps und Tools finden Sie in unserer Video-Serie „Kleine Bissen Wissen“. Dort finden Sie auch kompakte Handouts zu jedem Thema.
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„Wir erzählen Ihnen gerne mehr über unser E-Learning Angebot und zeigen Ihnen Kundenprojekte, die zu Ihren Vorstellungen und Herausforderungen passen. Gemeinsam finden wir die für Sie optimale Lösung.“
Ulrike Meissner, Account Managerin